Cover_Nicht ohne meine Eltern_Thumb300_zeigt drei Figuren von hinten

Nicht ohne meine Eltern (Rezension)

5 von 5 Sternen

Konrad, Sandra | Piper ebooks | 346 Seiten | eBook Kindle
Erschienen : 30. März 2023 | ASIN B0BKL9K1W6 | 1. Auflage
Ratgeber, Sachbuch

 

Werbung/ Rezension: „Nicht ohne meine Eltern“ von Sandra Konrad hat mir Piper ebooks  über NetGalley als persönliches Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt. Vielen Dank! Ich versichere, dass meine Meinung zu diesem Buch rein subjektiv ist und durch die kostenfreie Überlassung des Rezensionsexemplars nicht beeinflusst wird.

It’s complicated!

Dieses überaus merkwürdige Verhältnis zu unseren Eltern – woher kommt das nur? Viele Menschen leiden unter der Beziehung zu ihren Eltern. Sie leiden manchmal laut und manchmal leise. Die Beziehung zu ihren Eltern sollte nach ihren Vorstellungen anders sein, aber es klappt einfach nicht. Man verzweifelt daran, und Frust und Streit sind quasi vorprogrammiert.

Die Autorin von „Nicht ohne meine Eltern“, Sandra Konrad, geht der Sache endlich auf den Grund.

Achtung! „Dieses Buch kann keine Psychotherapie ersetzen, …“ (Kindle-Position 92)

Cover und Schreibstil:

Das Cover von „Nicht ohne meine Eltern“ ist meiner Meinung nach viel tiefgründiger, als es vielleicht zunächst den Anschein hat. Es sind drei Figuren zu sehen, die vermutlich zwei jüngere und einen älteren Menschen. Alle drei wenden dem Betrachtenden den Rücken zu und scheinen sich zügig von ihm zu entfernen. Mit dem Coverbild möchte die Autorin wahrscheinlich den Abnabelungsprozess visualisieren.

Die Autorin ist seit vielen Jahren Psychologin mit einer eigenen Praxis, weswegen ich bei der Auswahl dieses Buches davon ausgegangen bin, dass sie sich mit der Materie gut auskennt. Gerade der Untertitel des Buches („Wie gesunde Ablösung all unsere Beziehungen verbessert auch die zu unseren Eltern“) klingt jedoch zu schön, um wahr zu sein.

Fazit und Leseempfehlung:

Ich bin also mit sehr hohen Erwartungen an dieses Buch herangegangen und habe mir die Lösung (einiger) meiner Probleme erhofft. Dabei war ich mir der Bedeutung dieser Probleme von Vorneherein bewusst. Nicht umsonst bezeichnet die Autorin die Klärung der Eltern-Kind-Beziehung als eine „existenzielle Lebensaufgabe“ (Kindle-Position 159).

Da nicht alle Menschen gleich sind, sind logischer Weise auch nicht alle Beziehungen gleich. Diese Tatsache beachtet die Autorin, indem sie ganz verschiedene Eltern und Kinder exemplarisch vorstellt und deren Beziehung(-en) analysiert.

Ich persönlich habe mich dabei in einigen der Porträts und Schilderungen wiedergefunden, in anderen eher nicht. Aber: In fast allen Beispielen wird die Ohnmacht, die alle zumindest anfänglich verspüren, deutlich. Viele Betroffene fühlen sich immer wieder in ihre Kindheit zurückkatapultiert. Sie fühlen sich also wieder wie Kinder, und dies ist der „Gegenseite“, den Eltern, natürlich sehr recht. Denn früher waren sie, die Eltern, eindeutig die Stärkeren.

Die meisten Menschen, die dieses Buch lesen, sind aber wahrscheinlich keine Kinder mehr. Trotzdem sind die Probleme, die in unser Gegenwart auftauchen und uns nicht loslassen, und auch die falschen Erwartungen, die wir an unsere Eltern haben, nicht erst in der letzten Zeit entstanden, sondern in unserer frühen Kindheit. Die Autorin stellt diesbezüglich klar, dass Eltern, die unsere Bedürfnisse schon früher nicht erfüllen konnten oder wollten, es vermutlich heute erst recht nicht tun werden. Da können wir lange warten. Ausnahmen bestätigen natürlich die Regel, aber die meisten von uns werden wohl diese Kröte essen müssen. Wenn man aber die Gegenseite nicht ändern kann, und die anderen partout nicht das machen, was man will, was dann?

Die Autorin gibt in ihrem Buch hierzu eindeutige, wenn auch anfangs nicht vorstellbare Handlungsempfehlungen. Nach ihrer Auffassung muss man an sich selbst arbeiten und einen Zustand schaffen oder zulassen, mit dem es einem persönlich gut geht. Man sollte sich dabei im Sinne einer „emotionalen Abnabelung“ endgültig von Dingen verabschieden, die man nie bekommen hat und auch nie bekommen wird, so hart dies auch ist. Denn man kann sich auf die Hinterbeine stellen: Die Eltern werden vermutlich niemals genau das tun, was man will. Das Gute dabei ist: Umgekehrt müssen wir aber auch nicht (mehr) tun, was unsere Eltern wollen, nur ist uns dies leider nicht immer bewusst. Man muss sich im wahrsten Sinne noch einmal abnabeln. Dieser Abnabelungs-Prozess kann und darf eine Weile dauern, manchmal dauert er auch das ganze Leben:

„Ablösung ist ein langer Prozess.“ (Kindle-Position 101)

Aber wenn man nicht endlich anfängt, wird man den Prozess nie durchlaufen haben!

Ich persönlich bin Mutter, Tochter und Schwiegertochter, weswegen ich mehrere „generationsübergreifende Baustellen“ gleichzeitig habe. Sehr oft habe ich das Gefühl, Probleme zu sehen, die andere bei Weitem nicht sehen, und die sie deswegen auch nicht interessieren. Vermutlich werden die anderen eher nicht von ihren Positionen abrücken, denn immerhin haben sie sie schon lange inne. Was man tun kann, ist, sich gut um sein eigenes Was tun: Sich der prekären Lage bewusst sein und sich endlich liebevoll um sein inneres Kind zu kümmern.

Dann kann man zum einen vielleicht auch seinen Eltern verzeihen (Achtung, verzeihen heißt nicht immer auch versöhnen!), aber, und dies ist eigentlich viel wichtiger, man kann danach auch so gestärkt sein, dass man auch in der Beziehung zu seinen eigenen Kindern eine gesunde Abnabelung akzeptiert und auch damit klarkommt. Wichtig ist, dass es keinen Stillstand gibt. Man sollte die eigenen Bedürfnisse und Erwartungen definieren, für sich, aber auch für die anderen. Aber auch Grenzen können und sollten definiert werden:

„Gesunde Grenzen zu den Eltern gehören zur Ablösung dazu. Das heißt nicht, dass wir unsere Eltern nicht unterstützen, wenn sie Hilfe brauchen, sondern es heißt, dass wir ein gesundes Maß finden, das uns nicht überfordert, Und dass wir uns erlauben, unser eigenes Leben zu genießen – unabhängig davon, wie schwer es unsere Eltern in ihrem Leben hatten oder haben.“ (Kindle-Position 1313)

Damit gibt man dem eigenen inneren Kind endlich die Chance, sich vom Elternhaus zu lösen, nicht nur räumlich, sondern auch emotional, aber:

„Wir können uns lösen und trotzdem verbunden bleiben.“ (Kindle-Position 104)

Ich vergebe für „Nicht ohne meine Eltern“ 5 Sterne und empfehle dieses Buch allen, die endlich ihre Eltern-Kind-Beziehungen klären wollen. Beginnt mit der Abnabelung – jetzt!

Dieses Sachbuch ist mindestens genau so spannend wie ein Krimi!

Die Dauerleserin

Anmerkungen:

Meine Rezension habe ich im gleichen Wortlaut auch bei NetGalley und Amazon veröffentlicht.

 

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